Der Bruno Walter Nachlass

an der Universitätsbibliothek
der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien

Bruno Walter dirigierend


Der Bestand - eine Kurzbeschreibung

 
 

Als einer der größten Dirigenten des 20. Jahrhunderts ist die künstlerische Bedeutung Bruno Walters wohl in erster Linie in seinen Interpretationen musikalischer Werke als "klingendes Erbe" zu sehen, so wie sie in zahlreichen Schallplatten- und Rundfunkaufnahmen überliefert sind. Nun lassen sich aber die musikalischen Intentionen eines Dirigenten nicht allein in der Momentaufnahme eines Konzerts erkennen. Vielmehr drückt sich dessen Fähigkeit zur musikalischen Darstellung von Musik oft deutlicher in seinen schriftlichen Anmerkungen und Einzeichnungen in den Partituren und Aufführungsmaterialien aus, die dadurch besonderen Quellenwert des künstlerischen Gestaltungswillens erlangen. 

Sind Walters Musikautographe als "kompositorischer Nachlass" der wertmäßig bedeutungsvollste Teil des in der Universitätsbibliothek MDW aufbewahrten Nachlassteiles, so lässt sich dazu analog der Bestand an annotierten Partituren für den Dirigentennachlass als dessen bedeutendster Teil ansehen. Der Stellenwert von Handschriften tritt - entgegen den sonst für schriftliche Nachlässe angelegten Maßstäben - in den Hintergrund.

In der Reihe der annotierten Partituren Bruno Walters kommt denjenigen der Werke Gustav Mahlers besonders große Bedeutung zu. Seine Zusammenarbeit mit Mahler an der Wiener Hofoper und seine Freundschaft, die darüber hinaus bis zu dessen Tod bestehen blieb, waren nicht nur die überwältigendste künstlerische Erfahrung seines Lebens, sie verleihen seinen Interpretationen Mahlerscher Werke, ob nun schriftlich oder "tönend", größtmöglichste Authentizität.

Musik und Literatur treten einem aber auch unmittelbar aus Bruno Walters Nachlass entgegen. Zahlreiche Kompositionen verschiedenster Gattungen, sowie Manuskripte seines umfangreichen musikliterarischen Schaffens sind darin überliefert.

Die große Zahl der Programme, Rezensionen und Festschriften zeugt nicht nur von der hohen Wertschätzung des Künstlers, sie vermittelt auch ein anschauliches Bild des Musiklebens der Zeit.

Neben der eminent musikhistorischen Bedeutung des Bruno Walter-Nachlasses nimmt er auch innerhalb des Bestands an historischem und wertvollem Buchgut der Bibliothek der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien eine Sonderstellung ein: Kommt Nachlässen innerhalb dieser Bestandskategorie zahlernäßig auch nur kleinster Raum zu, so ist doch der Bruno Walter-Nachlass zweifellos der bedeutendste unter ihnen.

Der heute in der Universitätsbibliothek verwahrte Bruno Walter-Nachlass stellt eine von der Erbin, Bruno Walters Tochter Lotte Walter-Lindt, nach dem Gesichtspunkt der praktischen Verwertung getroffene Auswahl an Materialien dar. Später dem Nachlass hinzugefügten Sammlungen anderer Provenienzen haftet eher musealer Charakter an, denen vom Standpunkt der Benützung aus eher geringere Bedeutung beizumessen ist.

Aus: Susanne Eschwé, Der Bruno Walter Nachlass in der Bibliothek der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien, S. 24 ff.

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